Die Emdenfamilie...

 

Gedenkveranstaltung zum 9. November 1914 - am 9. November 2009 in Wilhelmshaven

Die Emdenfamilie veranstaltete am 9.November 2009 in Wilhelmshaven am Grabe von Hans Lindner-Emden eine kleine Gedenkfeier mit Kranzniederlegung aus Anlass des 95. Jahrestages der Seeschlacht vor Cocos Keeling Island.

Angehörige der Emdenfamilie aus Wilhelmshaven erwiesen stellvertretend den Gefallenen des Kleinen Kreuzers SMS EMDEN und des australischen Leichten Kreuzers HMAS SYDNEY die Ehre.
Der Sohn des Ersten Offiziers, Björn von Mücke, hielt am Grabe folgende Ansprache:
Der 09. November ist ein geschichtsträchtiges Datum, an dem sich auch in Deutschland schwerwiegende Ereignisse abgespielt haben, schöne und weniger schöne. Zu den schönen zählt zweifellos die Öffnung der Mauer in Berlin vor 20 Jahren, wovon die Medien z. Z. ausführlich berichten.

Ein kleineres Ereignis, daß sich auch nicht unmittelbar in Deutschland ereignete, gleichwohl aber weltweit medial aufgegriffen wurde, fand heute vor 95 Jahren kurz nach Beginn des 1. Weltkriegs im Indischen Ozean bei den Kokosinseln statt: Seine Majestäts Schiff Kleiner Kreuzer EMDEN wurde nach sehr erfolgreichen Einsätzen vom überlegenen australischen Kreuzer HMAS SYDNEY gestellt, nach kurzem Kampf wrackgeschossen und zur Vermeidung weiterer Verluste auf einem Korallenatoll aufgesetzt. 138 Seeleute - etwas mehr als 40% der Besatzung - fanden während des Kampfes und verletzungs- oder krankheitsbedingt in der Gefangenschaft auf deutscher Seite und 4 Seeleute auf australischer Seite den Tod.

Die Erfolge der EMDEN sind hinreichend publiziert worden und sollen an dieser Stelle auch nicht weiter angesprochen werden. Insbesondere soll unsere heutige Zusammenkunft einer Abordnung der EMDEN-Familie in keinster Weise einer Kriegsverherrlichung dienen. So möchte ich erwähnen, daß es z. B. der EMDEN-Mannschaft ganz besonders schwer gefallen wäre, nachdem sie gerade ein paar Wochen vor Kriegsbeginn mit der Mannschaft des englischen Kreuzers HAMPSHIRE in fröhlicher Runde Fußball gespielt und gefeiert hatte, nun plötzlich auf Befehl bei einer Begegnung mit dem Schiff das Feuer eröffnen zu müssen. Man hoffte sehr, diesem Schiff nicht zu begegnen, was dann auch der Fall war. Die weltweite Anerkennung der EMDEN beruht auch nicht nur auf ihren Erfolgen, sondern ganz besonders auf ihrer ritterlichen und respektvollen Haltung den Kriegsgegnern und deren Zivilisten gegenüber, weshalb dem Kommandanten der EMDEN von englischer Seite die Bezeichnung „Gentleman of War" gegeben wurde.

Mit der heutigen Kranzniederlegung beispielhaft am Grabe von einem der vielen inzwischen verstorbenen ehemaligen Besatzungsmitglieder der EMDEN, des seinerzeitigen Signalgastes Hans Lindner-Emden, ehren wir im Namen der gesamten EMDEN-Familie den Kommandanten, Fregattenkapitän Karl von Müller, denken an seine Menschlichkeit und sein Pflichtgefühl, und ehren die Besatzung, die sich im Vertrauen auf Kaiser und Reich ihrer schweren Aufgabe stellte und seemännisches Geschick bewies. Nicht vergessen sollen besonders diejenigen Besatzungsmitglieder sein, die während des Gefechtes mit der SYDNEY und später in Gefangenschaft oder im weiteren Verlauf des 1. Weltkrieges ihr Leben lassen mußten.
Hans Lindner-Emden, noch nicht 20 Jahre alt, wurde beim Gefecht mit der SYDNEY schwer am Kopf verletzt, kam deshalb in Australien in ein Lazarett und blieb auch in dem Land in Gefangenschaft. Er kam nicht wie die meisten anderen Überlebenden der EMDEN in Malta in Gefangenschaft. Nach dem Kriege war er zeitweilig Leuchtturmwärter auf Borkum, ging nicht wieder zur Marine und machte sich später mit einem kleinen Geschäft in Wilhelmshaven selbständig.

Die Tradition des Kleinen Kreuzers SMS EMDEN wird von der EMDEN-Familie, den Nachkommen überlebender Besatzungsmitglieder, mittlerweile in fünfter Generation bewahrt. Söhne, Töchter, Enkel und Urenkel treffen sich jährlich, um an das Schicksal und das Vorbild des Kreuzers und seiner Besatzung zu erinnern in der Hoffnung, daß das Opfer der Besatzungen von EMDEN und SYDNEY am 09. November 1914 nicht vergeblich war und in Zukunft zu friedlichem Miteinander in Menschlichkeit und Menschenwürde mahnt.